Verfasst von: K | 19. August 2009

Bin ich ein richtiger Pilger?

Mich tritt ein Pferd! Während ich mir den Kopf über wie, wann, wo, womit und warum zerbreche, ziehen es die anderen einfach durch! Sie würgen Ihr Hab & Gut in wasserfestes Nylon, schlüpfen in ihren Wanderschuh und marschieren einfach los. Noch im Gedanken versunken, wie ich meinen Blog und meine Reiseerlebnisse spannend, innovativ aber auch erhellend gestalten könnte, bremsen mich Peregrino Amigos mit flinken Twitter und Blogger Fingern aus. Ich fühle mich wie einst Gerhard Berger, dessen Blick aus dem Monocock sich meist auf die unendlich schwarzen Weiten der Auspuff Endrohre von Ayrton Sennas McLaren beschränkte.

Andererseits finde ich nichts reizvoller, als authentische Geschichten über das Erlebnis, welches mir bevor steht zu erfahren. Ich nenne es „Passive Routine“ welche mir die Herrschaften so vermitteln.

Aber sehen wir den Tatsachen ins Auge – ich trödle etwas rum – möchte ich mich etwa davor drücken? Nein keinesfalls, jedoch frage ich mich, wie schaffen es so viele Menschen sich so viel Zeit am Stück zurecht zu legen? Scheinbar gehöre ich zur Randgruppe der Beschäftigungsjukies, zur vermeintlich auszusterbenden Gattung Mensch mit fortwährendem „Täglich grüßt das Murmeltier“-eskem Berufsleben. Kurz gesagt, 5 Wochen spontan frei zu nehmen – wie geht das? Muss man dazu komplett aussteigen und habe ich vielleicht nur nicht die richtige Einstellung um im großen Konzert der Pilgerschaft mitspielen zu können? Wäre es gar unmoralisch einem geldgierigen Stück mit Geltungsdrang wie mir Zutritt zur asketischen Spiritualität zu gewähren?

Da gibt es zum Besipiel Sarah aus München, die in ihrem Blog über den Camino berichtet. Sie ging heuer im Juni von León nach Finisterre. Sie ist in der Medienbranche tätig, leidet unter der Berufskrankheit „Verrücktheit“, ist kommerzgeil und wollte mal kurz aus dem alltäglichen Wahnsinn fliehen. – Wie schräg ist das denn? Das bin „ICH“ Genau mein Ego wird hier beschrieben.

TheHiker aus Dinslaken befindet sich zur Zeit auf dem Camino Francés, hatte am 13.08. sein erstes Teilstück hinter sich gebracht und schwirrt nun irgendwo zwischen León und Santiago rum. Sein Startpunkt: Burgos. Seine Motivation: „Ich möchte diesen Weg nicht aus religiösen Gründen gehen, nein, ich möchte […] die innere Balance wiederherstellen und Ballast loslassen.“ – Hey das bin ebenso ICH (man beachte meine Worte vom 17.04)!

Sind wir alle denn dieselben Spinner?  Flüchtlinge des Alltags? Individuen, deren größter und schwer erreichbarer Luxus die primitiv klare Genügsamkeit ist? Ist das der neue Pilgertypus? Nicht mehr auf der Suche nach Gott, sondern auf der Suche nach dem kleinen Gummi Stöpsel, den es zu lösen gilt um übervolle Gehirnwindungen wieder rein zu spülen. Wenn dem so ist, dann Welcome back to the game Egi!

Ich habe mich soeben motiviert!


Antworten

  1. Egi, ich stimme Dir da zu: Der moderne Pilger scheint zwar ebenfalls auf der Suche, nur vielleicht nicht unbedingt nach göttlichem Beistand oder Sündenerlass. Vielleicht sucht er eher nach der verloren gegangenen Ruhe, dem Innehalten im Wahn des Alltags, dessen Rad sich immer schneller dreht.

    So muss der Jakobsweg nicht unbedingt Ausdruck einer neuen Spiritualität sein, stattdessen vielmehr Ort der Sinnsuche oder Besinnung oder innerer Einkehr… oder wie auch immer man das nennen mag. Nicht umsonst boomt die Outdoor-Branche wie noch nie. „Draußensein“ ist zum Gegenpol des täglichen „Gefangenseins“ geworden. Und ein langer Weg, der auch immer etwas meditatives hat, eignet sich offensichtlich hervorragend für eine Art der Selbstfindung.

    Ich denke, Du wirst Dich aus Deiner Position eines „Beschäftigungsjunkies“ – wie Du es nennst – sicher nicht umsonst ausgerechnet mit einem Pilgerweg beschäftigen…

    Ich bin schon gespannt, welche Gedanken Dir unterwegs durch den Kopf gehen werden.

    Grüße
    Sven

  2. Grias di Egi!

    zu allerst einmal vielen dank für deinen post auf meinem blog! und ein mega dickes lob hier für deine unglaublich ausführliche seite und die wirklich genial geschriebenen texte!!!! ich erkenne mich auch hier bei dir sehr wieder… ist ja auch kein wunder wir sind ja beide mediensklaven… 😉
    zu deiner frage: was das wlan-netz auf dem weg angeht kann ich dir leider keine auskunft geben. allerdings findest du in so gut wie jeder herberge einen schnell gehenden ( ;-)) internetanschluss und triffst auch immer wieder auf internet-cafes. es dürfte also kein poblem für dich sein.
    wann geht es denn bei dir los? hast du schon eine ungefähre ahnung? ich möchte auf alle fälle 2011 noch einmal los pilgern. am besten dann aber mit 3-4 monaten zeit und von münchen aus. mal kucken, wie ich das realisieren kann.
    ich werde auf alle fälle deine seite weiterhin verfolgen, da ich jetzt schon gespannt bin auf deine nächsten berichte. bei fragen kannst du dich gerne jederzeit vertrauensvoll an mich wenden. 😉

    lg aus dem schönen bayern nach österreich! 😉
    sarah


Hinterlasse einen Kommentar

Kategorien